Entwicklung

Sagogn war Zentrum einer mittelalterlichen Grosspfarrei, die ursprünglich auch die Dörfer Schluein, Laax, Castrisch, Sevgein, Riein und Pitasch umfasste. Das Schloss Fraissen (Aspermont) war bis 1538 Sitz der bischöflichen Verwaltung der Surselva. Im Spätmittelalter verschob sich das Zentrum von Sagogn aufgrund veränderter Verkehrs- und Wirtschaftslage nach Ilanz.

Das “Schlössli” – Schloss Fraissen (Aspermont) im Vitg dado.
Quelle: Wikipedia – Adrian Michael

Das Dorfbild von Sagogn war geprägt von den vielen Obstbäumen mit Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Kirschen und Nüssen. Das Doppeldorf bestand aus zwei völlig Selbständigen Teilen, die heute immer mehr zusammenwachsen. Charakteristisch ist auch der bis heute ziemlich intakte südliche Dorfrand von Vitg dadens mit dem für die Region typischen Übergang vom Siedlungsgebiet zur Umgebung: Hauptbauten – Nebenbauten – Hostet – Wiese.

Sagogn um ca. 1950 mit den zwei Dorfteilen Vitg dadens (l.) und Vitg dado (r.).
Quelle: Pro Natura Graubünden

Sagogn hat durch den von Flims, Laax und Falera ausgehenden touristischen Aufschwung in den vergangenen Jahrzehnten eine eindrückliche Transformation durchgemacht. Der einsetzende Bauboom von Zweitwohnungen nach 1970 hat das Dorf nachhaltig verändert. Der Obstgürtel um das Dorf musste schrittweise Neubauten mit kalten Betten Platz machen. Seit 2009 gibt es in Sagogn einen 18 Loch Golfplatz, während heute nur noch zwei landwirtschaftliche Betriebe bestehen und verbleibende Obstkulturen teilweise nicht mehr genutzt werden. Demnächst wird die Stimmbevölkerung über eine Gemeindefusion Laax und Schluein abstimmen. Vielleicht der finale Schritt vom Bauerndorf zur Tourismusdestination?

Beispiel aus dem Jahre 1972, das in direkter Nachbarschaft zum historischen Schloss Aspermont hätte gebaut werden sollen. Das Projekt wurde nicht realisiert.
Quelle: Fotostiftung Graubünden

Die Mietzinsen und Preise für Bauland schossen in den letzten Jahren regelrecht in die Höhe. Grund dafür sind unter anderem die verwässerte Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative durch das Parlament und die Revision des Raumplanungsgesetzes. Spätestens seit der Covid-Pandemie entsteht zunehmend Konkurrenz um Wohnraum zwischen einer kaufkräftigen Klientel aus dem Unterland und der einheimischen Bevölkerung. 

Erkennungsmerkmal von Zweitwohnungen: Geschlossene Rolläden.
Foto: Martin Bundi

Heute beträgt der Erstwohnungsanteil magere 45.18%, während 404 der insgesamt 737 Wohnungen im Dorf Zweitwohnungen sind, die meist nur während einigen Tagen bis Wochen im Jahr bewohnt werden. Die Romanische Sprache steht massiv unter Druck. Die Zahl der Sprechenden ist von 94% (1920) auf 57% (2000) zurückgegangen. Die Zahl der Dorfbevölkerung ist derweil von 339 (1803) auf 736 (2020) Einwohner*innen angestiegen.

Der Hunger nach Zweitwohnungen ist noch längst nicht gestillt. Neu werden ursprüngliche Erstwohnungen und Ställe zu luxuriösen Zweitwohnungen umfunktioniert.

Altrechtliche Erstwohnungen im Dorfkern verwaisen als Zweitwohnungen.
Foto: Martin Bundi

Wir wollen dieser Entwicklung entgegensteuern!

Hier entstehen keine Zweitwohnungen.

Martin Bundi